Neurotoxikologie

Entwicklung eines Serotyp-unabhängigen Botulinum Neurotoxin-Aktivitätstests zur Chargentestung – Der MoNLight-BoNT-Assay

Botulinum Neurotoxine (BoNTs) werden zur Behandlung einer Reihe von neuromuskulären Fehlfunktionen sowie in der ästhetischen Medizin als Therapeutikum eingesetzt. Jede Charge pharmakologischer Zubereitungen dieser hoch potenten, von Clostridium botulinum-Bakterienstämmen produzierten, Neurotoxine muss auf ihre Aktivität überprüft werden. Obwohl Alternativen existieren, wird ihre Aktivität immer noch zu einem großen Anteil über den Maus-Letalitäts-Test bestimmt. Bisher zugelassene Ersatzmethoden sind ausschließlich für einzelne Präparate anwendbar, da hier hoch spezifische Neoepitop-Antikörper zum Nachweis der proteolytischen Aktivität der kleinen Untereinheit von BoNTs angewendet werden. Für die Chargentestung von BoNTs werden jährlich allein innerhalb Europas immer noch 400.000 Mäuse eingesetzt (Stand 2018). Neue Produkte, die ausschließlich im Tier getestet werden, werden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) nicht mehr akzeptiert. Mittlerweile sind neben den BoNT-Serotypen A-H über 40 Subtypen und Mosaikvarianten bekannt. Der pharmakologische Einsatz diverser Subtypen und neuer Produkte ist in Zukunft wahrscheinlich, da Resistenzen gegenüber einzelnen Produkte entstehen können. Ein Serotyp-unabhängiger, Tier-freier Assay, welcher für die Aktivitätstestung von BoNT-enthaltenden pharmakologischen Produkten übergreifend eingesetzt werden kann, existiert bisher noch nicht, wird aber dringend benötigt.

Der MoNLight-BoNT Assay (Motor Neuron Light-BoNT Assay) basiert auf aus humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs) differenzierten Motoneuronen (MNs). Die Aktivität der pharmakologischen BoNT-Produkte ist invers proportional zur Freisetzung eines Reporterenzyms (Luciferase) aus den Neurotransmitter-haltigen Vesikeln der MNs. Der Assay ist Serotyp-unabhängig und wäre daher eine geeignete Ersatzmethode, um den mit der Chargentestung verbundenen Maus-Letalitäts-Test vollständig zu ersetzen (Replace im Kontext der 3R).

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Testprinzip des MoNLight-BoNT Assays

Förderung: Die Entwicklung des MoNLight-BoNT Assays wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt (FKZ 031L0132B, 4/2017-9/2020). Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Gerhard Püschel, Universität Potsdam, Institut für Ernährungswissenschaft, Abteilung Biochemie der Ernährung

Ansprechpartnerinnen: Prof. Bettina Seeger

Publikation:

Schenke M, Schjeide BM, Püschel GP, Seeger B (2020) Analysis of Motor Neurons Differentiated from Human Induced Pluripotent Stem Cells for the Use in Cell-Based Botulinum Neurotoxin Activity Assays. Toxins (Basel) 12(5) doi:10.3390/toxins12050276

Schenke M, Prause H-C, Bergforth W, Przykopanski A, Rummel A, Klawonn F, Seeger B (2021) Human-Relevant Sensitivity of iPSC-Derived Human Motor Neurons to BoNT/A1 and B1. Toxins (Basel) 13(8):585 doi:10.3390/toxins13080585

Schjeide, B.-M. M., Schenke, M., Seeger, B. et al. (2022). Validation of a novel double control quantitative copy number pcr method to quantify off-target transgene integration after crispr-induced DNA modification. Methods and Protocols 5, 43. doi:10.3390/mps5030043

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Chronic Pain in a dish - In vitro-Modellierung Neuronen-vermittelter chronischer Schmerzen in der Haut für Pharmakologie und Toxikologie

Chronische Schmerzen stellen ein erhebliches Gesundheitsproblem dar, von dem etwa 20 bis 50 % der Weltbevölkerung betroffen ist. Therapiemethoden werden größtenteils in Verhaltenstests mit induzierten Schmerzen an Nagern entwickelt. Dabei ist keine Schmerzbehandlung möglich, was zu einer schweren Belastung der Tiere führt. Dennoch sind im Tier entwickelte Therapeutika nicht immer auch im Menschen wirksam. Daher sollen zwei In vitro-Modelle in humanen Zellen entwickelt werden, um über Neuronen vermittelten chronischen Schmerz mit möglichst hoher Vorhersagekraft zu quantifizieren. Dafür werden Stammzell-abgeleitete sensorische Neuronen (1.) zur Entwicklung eines Luciferase-basierten Exozytose-Assays genutzt, um die vermehrte Ausschüttung der an der chronischen Schmerzreaktion beteiligten Neuropeptide (Substanz P und Calcitonin Gene-Related Peptide) einfach quantifizierbar zu machen. Außerdem soll (2.) ein innerviertes Hautmodell entwickelt werden, um Neuritenauswuchs und die Expression von mit chronischen Schmerzen assoziierten regulierten Genen von Schmerzrezeptoren und an der Reizweiterleitung beteiligte Ionenkanälen in vitro zu quantifizieren. Der Proof-of-concept für die Nutzung der Modelle in Pharmakologie und Toxikologie soll erbracht werden, indem induzierte Neuropeptid-Ausschüttung, induzierter Neuritenauswuchs und induzierte Genexpression, mit therapeutisch wirksamen Substanzen inhibiert oder über die Zugabe exogener Substanzen ausgelöst wird. So können molekulare Signalwege der chronischen Schmerzentstehung in vitro, direkt in humanen Zellen, modelliert werden, um unnötige Tierversuche zu vermeiden und für den Menschen wirksame und sichere Therapeutika zu entwickeln. Im Anschluss an das Projekt soll das Hautmodell über die Nutzung induzierter pluripotenter Stammzellen und primärer Zellen von Patienten auf die Modellierung der atopischen Dermatitis übertragen werden, um spezifische In vitro-Krankheitsmodelle zur Entwicklung neuer Therapien in Kooperation mit Industriepartnern in die Anwendung zu bringen. Weiterhin soll das Projekt als Grundlage für weitere Gebiets-übergreifende In Vitro-Modellierungen dienen, wie z.B. der Simulation von chronischen Gelenksschmerzen.

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Sensorische Neuronen

gefördert durch die Stiftung set

Ansprechpartnerinnen: Prof. Bettina Seeger und Doktorandin Kathrin Lämmerhirt-Simmons

set

Intestinale Organoide zur Erforschung von Wirt-Pathogen Interaktionen

Entwicklung eines In vitro-Modells zur Erforschung der Pathogenese-Mechanismen von Zoonoseerreger-induzierten Darmerkrankungen

Der Darm spielt für viele vom Tier auf den Menschen übertragbare Erkrankungen (sog. Zoonosen) eine entscheidende Rolle. Während verschiedene auf Zellkulturen basierende --Systeme für die Erforschung von Krankheitsmechanismen bei Mäusen, Ratten und dem Menschen zur Verfügung stehen, ist für die Untersuchung solcher Vorgänge bei Nutztieren (z. B. bei Schweinen, Rindern oder Geflügel) immer noch die Verwendung von direkt aus dem Tier entnommenen Primärzell- oder Organkulturen oder sogar der Einsatz von Tieren notwendig.

Aus diesem Grund sind neue Ansätze zur Entwicklung von -Modellen zur Erforschung zugrundeliegender molekularer Mechanismen von Infektionen bei Nutztieren von großem Interesse, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Nutztiere häufig Träger bzw. Überträger zoonotischer Krankheitserreger sind. Daher sind die Wirkungen bakterielle Toxine in einer Cokultur von humanen intestinalen absorptiven Enterozyten und Becherzellen verglichen worden mit den gleichen Wirkungen in in 2D ausgesäten porzinen intestinalen Organoiden im Ussing-Kammer System, um die zugrundeliegenden Zellsysteme zu charakterisieren.

Förderung: Projekt A2 innerhalb des Verbundprojektes R2N – Replace und Reduce in Niedersachsen, gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) in Kooperation mit Prof. Dr. Gerhard Breves, TiHo, Institut für Physiologie und Zellbiologie

Ansprechpartner*innen: Prof. Bettina Seeger

Publikation:

Seeger B (2020) Farm Animal-derived Models of the Intestinal Epithelium: Recent Advances and Future Applications of Intestinal Organoids. Alternatives to laboratory animals : ATLA:261192920974026 doi:10.1177/0261192920974026

Hoffmann P, Burmester M, Langeheine M, Brehm R, Empl MT, Seeger B, Breves G (2021a) Caco-2/HT29-MTX co-cultured cells as a model for studying physiological properties and toxin-induced effects on intestinal cells. PLoS One 16(10):e0257824 doi:10.1371/journal.pone.0257824

Hoffmann P, Schnepel N, Langeheine M, Künnemann K, Grassl GA, Brehm R, Seeger B, Mazzuoli-Weber G, Breves G (2021b) Intestinal organoid-based 2D monolayers mimic physiological and pathophysiological properties of the pig intestine. PLoS One 16(8):e0256143 doi:10.1371/journal.pone.0256143

Einfluss von Hypoxie auf die Infektion von aus humanen iPSCs differenzierten intestinalen Organoiden mit Stapylococcus aureus

Im Rahmen der Masterarbeit von Elena Wiebe wurden aus humanen iPSCs differenzierte intestinale Organoide unter normoxischen und niedrigen Sauerstoffbedingungen mit Staph. aureus infiziert. Staph. aureus ist beteiligt an akuten Darminfektionen, die Übelkeit, Erbrechen, krampfartige Bauchschmerzen und Durchfall auslösen können. Wir beschäftigen uns in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Maren von Köckritz-Blickwede, TiHo, Institut für Biochemie und RIZ mit molekularen Mechanismen in der Infektion von intestinalen Epithelzellen in intestinalen Organoiden durch Staph. aureus unter normoxischen und hypoxischen Sauerstoffbedingungen.

Ansprechpartnerin: Prof. Bettina Seeger, Ph.D.

Zelldifferenzierung und Selbsterneuerung in porzinen intestinalen Organoiden

Das Schwein ist ein wichtiges Modell für die Erforschung humaner Magen-Darm-Erkrankungen, da große Ähnlichkeiten zwischen beiden Spezies bestehen. Es gibt allerdings auch artspezifische Unterschiede in pathophysiologischen Prozessen, wie z. B. bei der Infektion mit Yersinia enterocolitica, die beim Menschen zu einer Gastroenteritis führt, während Schweine asymptomatisch bleiben. Intestinale Organoide sind in den letzten Jahren zu wichtigen Werkzeugen geworden, um die zugrundeliegenden Mechanismen zu untersuchen. Während der Langzeitkultur wird vor allem die Expression von proliferierenden intestinalen Stammzellen hochreguliert, um die Selbsterneuerung und Proliferation der Organoide zu unterstützen. Um Modelle zur Untersuchung molekularer Mechanismen während bakterielle Infektionen zur generieren, ist es das Ziel dieser Studie, die Expression von spezialisierten Darmepithelzellen, wie M-Zellen, Becherzellen und enteroendokrinen Zellen in porzinen intestinalen Organoiden anzureichern.

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Intestinales Organoid vom Schwein

Förderung: Unterstützt durch ein Promotionsstipendium von der Schaumann Stiftung (01/2020-12/2021).

Ansprechpartnerinnen: Prof. Bettina Seeger