Birkhahn
Projektdaten
Betreuung: Dr. G. Sodeikat, Dr. E. Strauß
Förderung: Jagdabgabemittel des Landes Niedersachsen, Eigenmitte

Untersuchungen zum Einfluß verschiedener Faktoren auf die Birkhuhn-Restbestände zur Sicherung und Förderung der niedersächsischen Birkhuhnpopulationen

In Anbetracht der weiter abnehmenden Bestandszahlen (Balzzeit 2003: 188 Exemplare) des Birkhuhns (Tetrao tetrix L.) in den niedersächsischen Lebensräumen besitzt die Sicherung dieser Restbestände als Artenschutzmaßnahme oberste Priorität. Für den drastischen Bestandsrückgang des Birkhuhns innerhalb der letzten Jahrzehnte sind sicher verschiedene Faktoren ausschlaggebend, die aber in ihrer einzelnen Bedeutung bislang noch nicht immer eindeutig geklärt werden konnten. Der Hauptgrund für den rapiden Rückgang in Niedersachsen bzw. im nördlichen Mitteleuropa (seit 1970 mehr als 50 %) liegt jedoch im Wandel seiner Lebensräume begründet.

Vor diesem Hintergrund führte das Institut für Wildtierforschung (IWFo) seit den 80er Jahren praxisrelevante wildbiologische Untersuchungen am Birkhuhn durch. Weiterhin wurde die Auswilderung von nachgezüchteten Birkhühnern als Maßnahme zur Bestandsstützung Verbindung mit Biotoppflegemaßnahmen wissenschaftlich begleitet. Bislang zeichnet sich jedoch kein alleiniges Patentrezept zum Erhalt der Restbestände in den verschiedenen Gebieten ab.

Das IWFo hatte, gerade weil alleinige Habitatuntersuchungen und Renaturierungsmaßnahmen nicht zum Erfolg führten, bei seinen Untersuchungen die Schwerpunkte auf die Erfassung von wesentlichen populationsökologischen Daten, wie z.B. von Reproduktionsraten, Mortalitätsraten und den Einfluß von Prädatoren gelegt. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Öko-ethologische Freilanduntersuchungen an noch vorhandenen Birkhuhnbeständen in Niedersachsen
  • Untersuchungen zur Populationssituation, Verbleib von Birkhühnern und Habitatnutzung sowie zur Auswirkung der Biotoppflege
  • Projektgebiete mit Birkhuhnvorkommen: NSG "Großes Moor" bei Gifhorn
  • Schießplatz Unterlüß der Fa. Rheinmetall, Truppenübungsplätze in der Lüneburger Heide


1. Projektgebiet: NSG "Großes Moor" ( 2720 ha)

Nach der 10-jährigen Auswilderungsphase (1986 bis 1996) von gezüchteten Birkhühnern im NSG "Großes Moor" wurde die weitere Entwicklung der Birkhuhnpopulation im Moorbereich nach Auswilderungseinstellung im Jahr 1996 überprüft. Es wurde damit kontrolliert, inwieweit die im Jahr 1999 noch vorhandene  (3 Exempl.) und in den Vorjahren durch zusätzliche Auswilderung gestützte Birkhuhnpopulation sich selbst erhalten kann. Unabdingbar sind Angaben über die Zahl der balzenden Hähne und Hennen im Gesamtbeobachtungsgebiet.

Überprüfung und Dokumentation der Biotoppflegemaßnahmen im NSG "Großes Moor", wie z.B. Vernässung, Beweidung, Mähen und Brennen, und Erfassung der Nutzung dieser Flächen durch Birkhühner.

2. Projektgebiet: Schießplatz Unterlüß der Fa. Rheinmetall (ca. 5300 ha)

Der Schießplatz Rheinmetall im östlichen Niedersachsen mit seinen ausgedehnten Beständen an Besenheide weist mit ca. 21 Birkhühnern (2002) das östlichste autochthone Birkhuhnvorkommen in Niedersachsen auf ( siehe dazu; Niedersächsischer Jäger 9/2004). Mit Hilfe der Telemetrie bzw. Markierung von einigen Birkhühnern mit Sendern wurden an dieser Birkhuhnpopulation Daten zur Raumnutzung, Mobilität und zum Reproduktionsstatus gesammelt. Die Untersuchungen zielten sowohl auf die Erfassung der bevorzugten Aufenthaltsgebiete als auch auf mögliche Wanderbewegungen zu entfernteren sogenannten Trittsteingebieten. Die Entwicklung einer Habitatkartierung mittels Luftbildern zur Einschätzung von deren Eignung als Birkhuhnlebensraum (z.B. LANDSAT, NOA, Spot) wurde mit speziellen Luftbildauswertverfahren (IDRISI 4.0) durchgeführt. Diese erfolgten in drei Gebieten:

  • Schießplatz Rheinmetall und Umfeld

  • NATO-Truppenübungsplätze in der Lüneburger Heide, wie z.B. im Bundesforstamt Siebensteinhäuser. (geplant)

Die telemetrisch erfassten Aufenthaltsorte der Birkhühner wurden mit den Habitatstrukturen verknüpft und analysiert, die einerseits die Qualität des Lebensraumes widerspiegeln, andererseits sich aber auch in einer spezifischen Luftbildinformation ausdrücken (Ludwig, S., Abstract Diplomarbeit, Universität Oldenburg, 2001).

3. Projektgebiet: Bereich des Bundesforstamtes Siebensteinhäuser

Als Ergänzung zu den o.a. Untersuchungen wurden auch Lebensraumdaten des Birkhuhns aus den viel größeren und überwiegend heidigen Verbreitungsgebieten, wie z.B. den Truppenübungsplätzen (Bundesforstamt Siebensteinhäuser) mit ihren vermeintlich "stabilen" Birkhuhnbeständen, für Vergleichszwecke erhoben. Schwerpunkte der Untersuchungen des IWFo lagen in der Erfassung der Aufenthaltsgebiete der Birkhühner und Beschreibung der Habitatstrukturen zur Erfassung des genutzten Nahrungsangebotes und zu Nahrungspräferenzen des Birkhuhns. Die Untersuchungen waren weitere Grundlage für die Erarbeitung einer Habitatbewertung von Birkhuhnlebensräumen in Heidebereichen.

4. Untersuchungen zum Vorkommen und zur Wirkung von Prädatoren auf die Birkwildpopulation

Neuere Untersuchungen stellen die Bedeutung der Beutegreifer für Rauhfußhühner in ein nüchternes Bild. Besonders bei amerikanischen und skandinavischen Untersuchungen sind neben Habitatanalysen die Studien zum Prädationseinfluß ein wichtiger Aspekt. Dringend geboten sind wissenschaftlich fundierte Erhebungen zu dieser konfliktgeladenen ökologische Rolle des Fuchses bzw. zum Themenkomplex "Beutegreifer-Beute-Beziehung". Sicherlich sind die Eingriffe der Prädatoren in ihrer Intensität nur sehr schwer abzuschätzen, da detaillierte Untersuchungen aus den norddeutschen Verbreitungsgebieten des Birkhuhns bislang nicht vorliegen.

Es erfolgten Untersuchungen zum Vorkommen von Prädatoren in zwei Untersuchungsräumen, "Schießplatz Rheinmetall" und "Großes Moor" (siehe dazu auch G. Sodeikat: Birkwild und Beutegreifer – Kaum eine Chance, Niedersächsischer Jäger: 9/2003).

5. Birkhuhnaufzucht, Haltung und Untersuchungen an Birkhühnern in Volieren auf dem Gelände des Instituts für Wildtierforschung in Ahnsen/Landkreis Gifhorn

Untersuchungen zur Entwicklung des Feindverhaltens von Birkhühnern
Die Verhaltensuntersuchungen wurden von Dipl. Biologin Christiane Seiler in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Biologie (Prof. Dr. E. Curio), Arbeitsgruppe für Verhaltensforschung, Fakultät für Biologie, Ruhr-Universität Bochum durchgeführt. Bei der Auswilderung von in Gefangenschaft aufgezogenen Birkhühnern zur Bestandsstützung oder Wiederansiedlung ist die Überlebensrate nach dem Aussetzen meist sehr hoch. Viele der ausgelassenen Vögel werden innerhalb kurzer Zeit von Prädatoren erbeutet. Nur wenige überleben mehrere Jahre. Als eine Hauptursache wird oft eine erhöhte Feindanfälligkeit der in Gefangenschaft gehaltenen und aufgezogenen Birkhühner vermutet. Es stellte sich die Frage, ob bestimmte Aufzuchtmodi die Ausbildung eines gestörten Verhaltens bewirken, das von dem der wilden Artgenossen abweicht. Die Überprüfung derartiger Fragestellungen ist nur an volierengehaltenen Birkhühnern durchführbar. 

In einer Untersuchung wurde das Fluchtverhalten, z.B. von hand- und hennenaufgezogenen Birkhuhnküken vergleichend analysiert. Zur Auslösung des Feindverhaltens wurde den in Volieren gehaltenen Birkhühnern ein handzahmer Fuchs präsentiert, der sich an einer Laufleine in verschiedenen Abständen (40, 35, 30,...,15, 10 m) von den Volieren bewegte. Die Verhaltensuntersuchungen sind abgeschlossen und die Ergebnisse sind in der Diplomarbeit von Christiane Költringer (Universität Bochum, 1993) dargestellt.

6. Untersuchungen zur populationsgenetischen Differenzierung verschiedener Birkhuhn-Herkünfte

Untersuchungen allgemeiner populationsgenetischer Aspekte an bedrohten Arten wie dem Birkhuhn sind äußerst aktuell. Die Birkhühner kommen in Niedersachsen nur noch in mehr oder weniger isoliert lebenden Restpopulationen vor. Über ihr genetisches Pool bzw. genetische Differenzierung ist wenig bekannt. In genetischen Untersuchungen wurden Tiere sowohl aus "stabilen" autochthonen norddeutschen Populationen, wie z.B. den Truppenübungsplätzen der Lüneburger Heide, als auch aus anderen isoliert lebenden Restpopulationen einbezogen.