TiHo, Clever Tor, Ende 19. Jahrhundert
Gründungsurkunde der Königlichen Roßarzney-Schule 1778
Die Gründungsurkunde der Königlichen Roßarzney-Schule von 1778.

Gründung Ende des 18. Jahrhunderts

Anfang des 18. Jahrhunderts breiteten sich mehrere Tierseuchen, wie die Rinderpest oder Maul- und Klauenseuche in Europa aus. Da zu dieser Zeit keine Behandlungsmöglichkeiten existierten, kam es zu großen Verlusten bei den Landwirten. Die damalige Regierung rief deshalb dazu auf, Tierärzte auszubilden. In Folge dessen sollte eine tierärztliche Lehranstalt nach französischem Vorbild aufgebaut werden. So wurde am 18. Juli 1778 die Königliche Roßarzney-Schule auf Weisung Georg III., König von Großbritannien und Kurfürst von Hannover, am Clever Tor außerhalb der Stadtmauern Hannovers, gegründet. Der erste Lehrer und Direktor war Oberhof-Roßarzt Johann Adam Kersting. Kurz nach der Gründung wurde die Lehranstalt zur Königlichen Thierarzney-Schule umbenannt und erweiterte ihre Lehrinhalte auf andere Tierarten.

19. Jahrhundert

Gut hundert Jahre später, im Jahre 1887, erhielt die Hochschule ihren heutigen Namen Tierärztliche Hochschule Hannover. Kurz vor Ende des Jahrhunderts, 1899, zog die TiHo an den Standort Bischofsholer Damm. Weitere hundert Jahre später sind auf dem Gelände immer noch einige der Institute und Kliniken ansässig.

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

Reichte es anfangs gute Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen zu haben und ein bisschen Latein zu können, so wurde ab 1903 das Abitur verpflichtend, um sich an der Tierärztlichen Hochschule Hannover ausbilden zu lassen. 1910 erhielt die TiHo das Promotionsrecht und 1918 das Habilitationsrecht. Standen bislang Direktoren an der Spitze der Hochschule, so wurde die TiHo ab 1913 von Rektoren geleitet.

1926 war es Zeit für eine Vergrößerung der Hochschule. Am Standort Bischofsholer Damm wurden weitere Flächen erschlossen und bebaut. Zudem erwarb die TiHo das Rittergut Adendorf bei Lüneburg als Lehrgut. Außerdem wurde in diesem Jahr die Gesellschaft für Freunde der Tierärztlichen Hochschule Hannover e.V., GdF, gegründet. Dieser Verein unterstützt sowohl Studierende als auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler finanziell. Aber auch andere Projekte, die die TiHo betreffen werden gefördert. Zwölf Jahre später, 1938, wurde die Lehranstalt für veterinärmedizinisch-technische Assistenten gegründet, die noch heute VMTAs ausbildet. In den Kriegsjahren konnte die Lehre an der Tierärztlichen Hochschule Hannover eingeschränkt weitergeführt werden. Während des zweiten Weltkrieges wurde Hannover weitestgehend zerstört. Auch das TiHo-Gelände am Bischofsholer Damm wurde größtenteils stark beschädigt. 1945 begann der Wiederaufbau, sodass das Wintersemester 1945/46 dennoch stattfinden konnte.

 Lehrgut Adendorf
1926 erstandenes Lehrgut Adendorf bei Lüneburg.
1945 TiHo Bischofsholer Damm Kriegsschäden
Durch Bombenangriffe zerstörtes TiHo-Gebäude am Bischofsholer Damm.
Oberhof-Roßarzt Johann Adam Kersting
Oberhof-Roßarzt Johann Adam Kersting, erster Direktor der Königlichen Roßarzney-Schule.
Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg
Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.
Außenstelle für Epidemiologie, Bakum, Luftbildaufnahme
Außenstelle für Epidemiologie, Bakum

Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts

Acht Jahre nach Kriegsende, 1953, erwarb die Tierärztliche Hochschule Hannover ihren zweiten Hauptstandort den Westfalenhof am Bünteweg in Kirchrode. Das neue Gelände ermöglichte es, die TiHo zu erweitern. Nun verteilte sich die TiHo über drei Standorte: zwei im Stadtgebiet Hannover und das Lehrgut Adendorf. 1961 tauschte die TiHo, aufgrund der größeren Nähe zu Hannover, das Rittergut Adendorf gegen die ehemalige Domäne Ruthe bei Sarstedt. Die Außenstelle Ruthe wird seitdem als Lehr- und Forschungsgut genutzt. 30 Jahre später gab es eine erneute Erweiterung – 1991 wurde in Bakum die Außenstelle für Epidemiologie geschaffen. Sie dient der Lehre, Forschung und Dienstleistung im Bereich der präventiven Bestandsbetreuung von Nutztierbeständen.

Um es examinierten Tierärztinnen und Tierärzten zu ermöglichen, sich nach ihrem Studium zu spezialisieren und weiterzubilden, richtete die TiHo, als erste Hochschule Deutschlands, 1969 ein zweijähriges Aufbaustudium ein. Ein weiteres erwähnenswertes Jahr in der Geschichte der TiHo war das Jahr 1973. In diesem wurde durch die Weltgesundheitsorganisation, WHO, das „Collaborating Centre für Veterinäraufgaben im öffentlichen Gesundheitswesen“ an der TiHo angesiedelt. Dieses Zentrum ist mittlerweile als „WHO Collaborating Centre for Research and Training for Health at the Human-Animal-Environment Interface“ Teil des Instituts für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung. Ein Jahr später wurde an der TiHo ein EU-Referenzlabor für die Klassische Schweinepest eingerichtet, welches noch immer besteht.

Ebenfalls als erste deutsche Hochschule bietet die TiHo seit 1998 Studierenden ein PhD-Studium an. Durch die Möglichkeit einen international anerkannten Studienabschluss zu erlangen, sollte die TiHo auch für ausländische Doktorandinnen und Doktoranden interessant werden. Seit 2001 befinden sich die mittlerweile drei PhD-Studiengänge unter dem Dach der „Hannover Graduate School for Veterinary Pathobiology, Neuroinfectiology, and Translational Medicine“, HGNI.

Klinikum am Bünteweg
Klinikum am Bünteweg
© Theresa Ullrich

21. Jahrhundert

Das 21. Jahrhundert begann mit zwei großen Veränderungen für die TiHo: Die Rektoratsverfassung wurde 2002 von einer Präsidialverfassung abgelöst. Und im darauffolgenden Jahr wurde die Tierärztliche Hochschule Hannover in eine Stiftung überführt. Dies gewährt der TiHo mehr Autonomie und Gestaltungsfreiheit. Zum Beispiel in der Finanz- und Wirtschaftsführung oder der Berufung von neuen Professorinnen und Professoren.

Die TiHo wächst weiter
Die TiHo erweiterte 2006 ihr Studienangebot und bietet seither den Masterstudiengang „Animal Biology and Biomedical Sciences“ an. Dieser wird in englischer Sprache durchgeführt und richtet sich an Bachelorabsolventinnen und -absolventen der Biologie, Biochemie und verwandter Gebiete. Drei Jahre später baute die TiHo ihr Klinikangebot aus, indem 2009 die Klinik für Kleintiere, die Klinik für Heimtiere, Reptilien und Vögel, sowie die Klinik für Pferde in den Neubau am Bünteweg einzogen. Auch im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wuchs die TiHo weiter. 2011 kam die dritte Außenstelle zur TiHo hinzu, im Zuge dessen, wurde das Institut für Wildtierforschung umbenannt in Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung mit den Standorten Hannover und Büsum. Um einem ihrer beiden Forschungsschwerpunkte, der Infektionsmedizin, und ihrer Internationalität gerecht zu werden, eröffnete 2014 das Research Center for Emerging Infections and Zoonoses, kurz RIZ, nach zweieinhalbjähriger Bauzeit am Campus Bünteweg.

2020 machte die TiHo einen weiteren Schritt Richtung Erweiterung des Standorts am Bünteweg und erwarb die Liegenschaften von Boehringer Ingelheim.