Das Logo der Forschungsgruppe Infektionsbiochemie, bestehend aus Schriftzug und Pictogrammen
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Forschungsziele

Das Immunsystem im Kampf gegen Infektionskrankheiten: neue therapeutische Ansätze für Mensch und Tier: Die Arbeitsgruppe Infektionsbiochemie unter der Leitung von Prof.in Maren von Köckritz-Blickwede beschäftigt sich mit den Mechanismen der angeborenen Immunantwort gegen bakterielle und virale Erkrankungen bei Mensch und Tier. Das vermehrte Auftreten von antibiotika-resistenten Bakterien oder auch viralen Erkrankungen wie COVID-19, die sich von Tieren auf den Menschen übertragen lassen, verursachen zunehmend Schwierigkeiten im Gesundheitssystem. Das Ziel dieser Studie ist es, verschiedene Hauptgebiete biomedizinischer Forschung für die Suche nach neuen therapeutischen und prophylaktischen Ansätzen gegen zoonotische Infektionskrankheiten zu kombinieren: die Mikrobiologie, die Zellbiologie, die Biochemie und die Immunologie.  In der Arbeitsgruppe untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ob und wie Medikamente, Naturstoffe oder Futterzusätze, die Immunabwehr im Kampf gegen Infektionskrankheiten bei Mensch und Tier unterstützen können. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Wirkung von Hypoxie auf die Immunantwort im Rahmen der Infektion.

Diese Fragestellungen werden auch aktuell im Rahmen der COVID-19-Forschung intensiv eingesetzt.
Die aktuellen Arbeiten zur SARS-CoV-2-Forschung sind auch wesentlicher Bestandteil von dem COVID-19 Forschungsnetzwerk Niedersachsen (COFONI).

Hypoxie: Optimierung von Tierversuchsersatzmethoden

Standardmäßig werden in den meisten Studien Zellen und Gewebe unter atmosphärischer Sauerstoffkonzentration kultiviert, obwohl diese in den meisten Geweben in vivo deutlich niedriger sind. Im Falle einer Infektion und der daraus resultierenden Entzündung kommt es zu einer massiven Absenkung der Sauerstofflevel, zu einer sogenannten Hypoxie, die die Wirt-Pathogen-Interaktion wesentlich beeinflussen kann. Untersuchungen, welche die Wirts-Erregerabwehr unter physiologischen Sauerstoffbedingungen charakterisieren, sind daher unbedingt von Nöten, um die grundlegenden Reaktionen der Zelle besser zu verstehen und neue therapeutische und prophylaktische Ansätze entwickeln zu können. Neben Impfoffen kann zum Beispiel die Stärkung der wirtseigenen Abwehr durch Stimulation des Immunsystems als Unterstützung der konventionellen Therapie einer COVID-19-Infektion ein neuer vielversprechender Ansatz sein. Hierfür ist es notwendig die komplexen Wirt-Pathogen-Interaktionen genau aufzuklären.

Aufgrund mangelnder Komplexität, eines falschen Zelldifferenzierungsstatus und fehlender physiologischer Bedingungen simulieren in vitro-Systeme jedoch nicht immer präzise die in vivo- Situation während einer Infektion oder Entzündung. Ergebnisse aus konventionellen in vitro-Experimenten, die die Wirt-Pathogen-Interaktion oder therapeutische Ansätze untersuchen, widersprechen häufig Daten aus in vivo-Studien und können daher schwer übertragen werden. Tierversuchsfreie Testsysteme sowohl für Infektions- und Interaktionsstudien als auch für Drugscreenings sind nur dann eine echte Alternative, wenn sich die erhaltenen Ergebnisse verlässlich auf eine in vivo Situation übertragen lassen. Unser Ziel ist es daher mit Hilfe der Hypoxieforschung ein komplexere in vitro-Modellsystem zu etablieren, um eine bessere Annäherung an die in vivo Situation zu ermöglichen und dadurch die Versuchstieranzahl zu reduzieren.

Diese Arbeiten leisten auch einen Beitrag zu die zukunftsweisende Forschung ohne Tierversuche in Niedersachsen (R2N)

Logo zur Oxygen-Forschung, die Pictogramme von Bakterien, Viren, Schweinen und Menschen, sowie Antikörper sind in einem Kreis dargestellt, der gleichzeitig das O des O2 für Sauerstoff darstellt
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Neutrophile Granulozyten

Unser Immunsystem hat verschiedene Strategien entwickelt, um Krankheitserreger daran zu hindern, sich in unserem Körper auszubreiten. Neutrophile Granulozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen und sind Teil dieses Systems. Sie haben drei verschiedene Strategien entwickelt, um Krankheitserreger abzuwehren. Zwei von ihnen sind ist seit langem bekannt: Die als Phagozytose bezeichnete Einverleibung und Zerstörung von Krankheitserregern, und die Abgabe antimikrobieller Substanzen, die ebenfalls dafür sorgt, dass Pathogene absterben. Ein dritter weiterer Mechanismus, den weiße Blutkörperchen anwenden, um den Körper vor Infektionserreger zu schützen, ist wurde erst im Jahr 2004 entdeckt worden: Neutrophile Granulozyten produzieren außerhalb der Zelle eine faserige Struktur, die aus DNA, antimikrobiellen Peptiden und Histonen besteht. Diese neu entdeckten DNA-Netze werden als Neutrophil Extracellular Traps, kurz NETs, bezeichnet. NETs können Pathogene binden und sie, als physikalische Barriere, daran hindern, sich weiter zu verbreiten. Zusätzlich sind aber auch zahlreiche schädliche Wirkungen bekannt. So kann eine überschüssige NETs-Bildung zu Thrombosen oder Autoimmunerkankungen führen. Eine gesunde Balance in der Aktivität der neutrophilen Granulozyten ist also für die Immunantwort gegen Infektionen von großer Bedeutung.

In der AG Infektionsbiochemie suchen die WissenschaftlerInnen Wege, die Bildung dieser NETs oder der anderen Abwehrstrategien von Immunzellen zu modulieren. Es sollen neue therapeutische Ansätze charakterisiert werden, die das Immunsystem im Kampf gegen bakterielle Infektionen stärken oder die Virulenz der Infektionserreger schwächen.

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Leitung der Arbeitsgruppe Infektionsbiochemie

Prof. Dr. Maren von Köckritz-Blickwede

Prof. Dr. Maren von Köckritz-Blickwede
© Prof. Dr. Maren von Köckritz-Blickwede

Prof. Dr. Maren von Köckritz-Blickwede studied biology at the University of Hanover. During this time, she spent one year at the Universidad Nacional de Heredia, Costa Rica, where she performed epidemiological studies about vesicular stomatitis viruses in horses in Costa Rica. In 2001 she completed her Diplom research studies with the title “Isolation and characterization of metabolically competent pulmonary epithelial cells from pig and rat lung tissue for the use in biotransformation and toxicity studies” at the Fraunhofer Institute for Toxicology and Experimental Medicine in Hanover, Germany.

After graduation, she started a Ph.D. research fellowship of the DFG-graduate school "Mucosal Host-Pathogen Interactions" at the Federal Agricultural Research Centre for Animal Science in Neustadt-Mariensee, Germany. The topic of her PhD thesis was: “Antibiotic-dependent modulation of staphylococcal virulence properties”. She received her Dr. rer. nat. title in December 2004 at the University of Veterinary Medicine in Hannover, Germany.

After that she spent three years as a PostDoc at the Helmholtz Centre for Infection Research in Braunschweig, Germany, where she studied the role of host genetic and immune factors involved in the susceptibility and resistance against Streptococcus pyogenes and Staphylococcus aureus infections. During this time she discovered that mast cells have the ability to kill bacterial pathogens by the formation of antimicrobial extracellular traps (Blood, 2008).

Based on this work, she obtained a prestigious grant from the Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina to study the role of extracellular traps during bacterial infections, to identify bacterial strategies that avoid entrapment and killing by these structures, and to search for novel pharmacological agents that boost the formation of extracellular traps. She performed these studies from September 2008 until June 2010 in the laboratory of Prof. Victor Nizet, at the University of California, San Diego School of Medicine, La Jolla, California. Her research shed new light on the importance of extracellular traps in host defense and provides new therapeutic opportunities to enhance the local innate immune response against bacterial infections.

Since July 2010 Dr. Maren von Köckritz-Blickwede is leading the research group Infection Biochemistry at the Department of Physiological Chemistry and is continuing her research on the host innate immune defense (with special focus on extracellular traps) as therapeutic target against bacterial infections. In February 2015 she received the position as a full professor for Biochemistry of Infection at the Department of Physiological Chemistry and the Research Center for Emerging Infections (RIZ), TiHo.

Since April 2019 Prof. Dr. Maren von Köckritz-Blickwede has been "Director for Scientific Administration and Biosafety" at the RIZ of TiHo.

Team de Buhr

Wirt-Erreger-Interaktion in bakteriellen Infektionen (in vivo / in vitro)

DNA-Netze der Neutrophilen Granulozyten spielen bei der Erreger Abwehr eine wichtige Rolle. Diese Interaktion wird in verschiedenen Projekten mit einem Hauptfokus im Bereich des Gehirns (Meningitis) und der Lunge untersucht. Dabei wird ein breites bakterielles Erregerspektrum je nach Tierspezies / Mensch und Organ in der Interaktion mit den Wirtszellen analysiert. Folgende bakterielle Erreger sind unteranderem Bestandteil in laufenden Forschungsprojekten:

Streptococcus suis, Streptococcus canis, Haemophilus parasuis, Actinobacillus pleuropneumoniae, Haemophilus influenzae, Pseudomonas aeruginosa, Pasteurella multocida, Stapyhlococcus aureus, Staphylococcus pseudintermedius, Escherichia coli.

In der Wirt-Erreger-Interaktion Untersuchung geht es darum diese zwischen Neutrophilen und Erregern zu verstehen und daraus neue Behandlungsstrategien abzuleiten. Aus einer zunächst engen Betrachtung von zwei Interaktionspartnern (Erreger und eine Wirtszelle), entstehen dann in der Folge immer komplexere Systeme. Diese ermöglichen die Beobachtungen in Menschen und Tier zu erklären. Die in vitro Systeme werden also für das Verstehen von Krankheiten von einfachen zu komplexeren Systemen ausgebaut.

Wirt-Erreger-Interaktion in Ko-Infektionen (Bakterien – Bakterien und Virus – Bakterien)

Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt in den komplexer werdenden Systemen stellt die Ko-Infektion dar. So konnte im Rahmen einer Studie ein Dogmabruch im Bereich der Funktion von DNA-Netzen gezeigt werden. Die DNA-Netze sind ursprünglich beschrieben, dass sie Bakterien einfangen und abtöten können. Einige Erreger können sich aus diesem Mechanismus jedoch durch die Produktion von DNasen befreien. Untersuchungen zeigten jedoch, dass Bakterien, die zur Familie der Pasteurellaceae gehören, degradierte DNA-Netze als Wachstumsförderer nutzen können. Dabei konnte die Kombination aus biochemischen Analysen und mikrobiologischen Auswertungen diesen spannenden Dogmabruch zeigen und aufklären.

Darauf aufbauend wurde ein neues Projekt initiiert, welches die Ko-Infektion von Viren und Bakterien und die Interaktion mit DNA-Netzen in der Lunge näher analysieren soll. Das komplexe Zusammenspiel von Influenza-A-Virus (IAV) und bakteriellen Lungenerregern mit dem Immunsystem im Rahmen einer Ko-Infektion ist nur unzureichend wissenschaftlich geklärt. Ein Forschungsschwerpunkt bearbeitet daher zu verstehen, wie komplexe Ko-Infektionen und der Wirt interagieren und sich ggf. auch beeinflussen.

3D-Zellkulturmodelle von Barrieren, insbesondere unter Infektionsbedingungen

Ein in vielen Projekten angewandtes System sind 3D-Zellkulturmodelle von Barrieren, die insbesondere immun-privilegierte Kompartimente des Körpers schützen. Dazu zählen die Blut-Liquor-Schranke und die Blut-Retina-Schranke. Durch die Verwendung von Transwellsystemen auf denen z.B. Choroidplexuszellen wachsen, können Transmigrationsstudien von Neutrophilen durchgeführt werden und diese transmigrierten Neutrophilen mittels verschiedener Techniken analysiert werden (RNA; Protein, Durchflusszytometrie, Immunfluoreszenzmikroskopie). In den laufenden Projekten werden dabei die Systeme infiziert und die Transmigration der Neutrophilen analysiert.

Zusätzlich ist ein starker Fokus daraufgelegt worden, die Systeme unter pathophysiologischen und physiologischen Bedingungen zu verwenden. Umfangreiche in vivo Studien und die Verwendung von Körperflüssigkeiten wie Liquor cerebrospinalis und Vollblut ermöglichen diese Anpassung und helfen auch für die Zukunft angepasste Zellkulturmedien zu entwickeln, um in vivo nahe Systeme zu generieren. All diese Projekte helfen Tierversuche zu reduzieren und langfristig auch Ersatzmöglichkeit zu entwickeln.

Team Meurer

Tierärztin Marita Meurer, PhD

Marita Meurer studierte Tiermedizin an der Tierärztlichen Hochschule Hannover und erhielt hier 2001 ihre Approbation.
Nach verschiedenen Forschungsarbeiten in Industrie und öffentlichem Dienst kehrte sie im März 2017 an die Tierärztliche Hochschule Hannover zurück.
Bis 2020 war Marita Doktorandin im PhD-Programm »Animal and Zoonotic Infections« der Hanover Graduate School for Veterinary Pathobiology, Neuroinfectiology, and Translational Medicine (HGNI) der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover. Marita wurde von Prof. Dr. Maren von Köckritz-Blickwede und Dr. Nicole de Buhr betreut.

Das Ziel ihrer Arbeit ist die Erforschung der angeborenen Immunabwehr von Schweinen gegen den Zoonoseerreger Streptococcus suis. Ihre Erkenntnisse sollen zu einem besseren Verständnis der Wirt-Erreger Interaktion während einer bakteriell verursachten Meningitis (Hirnhautentzündung) beitragen. Dadurch sollen neuen Behandlungsansätze für Meningitiden entwickelt und somit eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in lebensmittelliefernden Tieren ermöglicht werden.

Expertise und Methoden

  • Anwendung von Hypoxie in der Zellkultur
  • Extrazelluläre und intrazelluläre Sauerstoffmessungen in der Zellkultur
  • In vivo Sauerstoffmessungen (freien Sauerstoff) im Gewebe und in Körperflüssigkeiten
  • Isolation primäre Neutrophile aus Blut von Mensch und Tier
  • Isolation Mastzellen aus Knochenmark von Mäusen
  • Air-liquid interface (ALI) Kulturen (Caco-2-cells)
  • Kokultur Neutrophile mit Epithelzellen im 3D Modell
  • Lipidanalytik (HPLC Cholesterol und Oxysterole)
  • In vitro Modelle Plexusepithelzellen (Blut-Cerebrospinalflüssgkeits-Barriere)
  • Konfokale Fluoreszenzmikroskopie
  • Assays zur Quantifizierung und funktionellen Analyse von neutrophil extracellular traps
  • Assays zur Bestimmung der antimikrobiellen Aktivität von Neutrophilen und Mastzellen
  • In vivo Tiermodelle
  • BSL-2 und  BSL-3 Labor und Tierhaltung