Infektionsmedizin mit Neuroinfektiologie

Pipettierarbeit unter der Werkbank

One Health - One Medicine

Der Bereich der Infektionsmedizin hat sich in den letzten 20 Jahren an der TiHo rasant weiterentwickelt und zu einem zweiten sehr sichtbaren Forschungsschwerpunkt entwickelt. Dieses wurde auch vom Wissenschaftsrat so gesehen, der 2007 und 2008 die Empfehlung für 2 Forschungsbauten im Bereich der Infektionsmedizin und Zoonoseforschung gegeben hat. Daraus hervor gegangen ist letzten Endes das „Research Center for Emerging Infections and Zoonoses (RIZ)“ mit über 4000 qm Labor- und Tierhaltungsfläche - im universitären Bereich einzigartig - unter S2 und S3-Sicherheitsstufen. Der „One Health – One Medicine“-Gedanke steht über allen Projekten im RIZ mit dem Ziel tier- und humanmedizinische sowie ökologische Aspekte in wissenschaftliche Konzepte umzusetzen.

Um die Forschungsstärke der TiHo im Bereich Infektionsmedizin weiter auszubauen wurden in den vergangenen Jahren 4 Professuren in den folgenden Bereichen neu besetzt: „Vektorgetragene Infektionskrankheiten“, „Genetik und Bioinformatik von Infektionskrankheiten“, „Infektionsimmunologie“ und „Infektionsbiochemie“. Zur Unterstützung der Umsetzung des Konzepts des RIZ konnte die TiHo einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als nationale und internationale Gastprofessuren gewinnen. Zudem wurde 2018 eine Professur für Virologie an der TiHo als Alexander von Humboldt-Professur – erstmals an einer Veterinärmedizinischen Bildungsstätte – ausgezeichnet.

Die Infektionsmedizin ist eine für die gesamte Veterinärmedizin wichtige Kerndisziplin. Durch die wissenschaftlich technologische Entwicklung der letzten Jahrzehnte haben sich die Fachgebiete Bakteriologie und Mykologie, Virologie und Parasitologie bezüglich ihrer grundlegenden Fragestellungen und der Methodik einander angenähert. Neben den fachspezifischen klassischen Verfahren werden in allen Arbeitsgruppen Zell- und Gewebekultur und eine breite Palette molekularbiologischer Techniken eingesetzt.

Thematisch wird dieser Forschungsschwerpunkt an der TiHo durch veterinärmedizinisch bedeutsame Erreger geprägt, die zum einem vorrangig beim Tier vorkommen, zum anderen zwischen Mensch und Tier übertragen werden können, d h.  Zoonosen. Neben der Aufklärung von Virulenzfaktoren und Resistenzmechanismen werden grundlegende Mechanismen zur Wirt-Erreger Interaktion untersucht. Themenbereiche sind z. B.:

  • Zoonotische Viren (z.B. Erreger von Chikungunya, Rift-Valley Fieber, West-Nil, FSME, Zika, MERS, SARS oder Covid-19) und virale Tierseuchenerreger (z. B. Virus der klassischen Schweinepest)
  • Entwicklung verbesserter Methoden zur Diagnose, Therapie und Prophylaxe, z. B.  immunologische Forschung zur Bedeutung der T-Zellen im Immunsystem oder Immungedächtnis bei Influenzaviren
  • Entwicklung neuer Impfstrategien und neuer Impfstoffe, z. B. mit Wirksamkeit gegen möglichst viele verschiedene Varianten der wandlungsfähigen Influenzaviren
  • Bakterielle Zoonoseerreger (z. B. Coxiella burnetii, Campylobacter, Salmonellen, Yersinien, Streptococcus suis oder hämorrhagische Escherichia coli)
  • Charakterisierung und Verbreitung von Vektoren zur Übertragung von Krankheiten wie Zecken,  Mücken oder Würmer

Die TiHo wird im infektionsmedizinischen Bereich neben dem BMBF (Alexander von Humboldt Stiftung, Zoonoseplattform) sichtbar durch die EU gefördert und hat in einigen Projekten die Rolle des Koordinators inne. Zudem ist die DFG ein wichtiger Fördergeber, so ist unter anderem das DFG-Graduiertenkolleg „Viper – Virusdetektion, Pathogenese und Intervention“ aus den Forschungsaktivitäten hervorgegangen.

Neben der Infektionsmedizin hatte die TiHo in den vergangenen 20 Jahren den Bereich „systemische Neurowissenschaften“ als Forschungsschwerpunkt ausgewiesen. Als ein neues wichtiges Forschungsgebiet innerhalb der Infektionsmedizin hat sich daraus in den letzten Jahren die „Neuroinfektiologie“ als Verbindung der Infektionsmedizin mit den Neurowissenschaften herausgebildet. Infektionskrankheiten wie auch neurodegenerative und entzündliche Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS) stellen große medizinische Herausforderungen in den kommenden Jahrzehnten dar. Zahlreiche ZNS-Erkrankungen werden direkt oder indirekt durch Infektionen oder durch fehlgeleitete Immunreaktionen auf die Infektionserreger ausgelöst. Zum Aufbau des neuen Gebiets der Neuroinfektiologie haben das Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur und die VolkswagenStiftung an der TiHo einen international angesehenen Forschungsverbund „Niedersachsen-Research Network on Neuroinfectiology“ (N-RENNT) mit über 7 Mio. Euro gefördert. Daraus hat sich eine Initiative zur Beantragung eines DFG-Transregio/Sonderforschungsbereichs auf dem Forschungsgebiet entwickelt.