Mehr Geld für die Lehre

Antragserfolg: Die TiHo wird in den kommenden drei Jahren die digitale Lehre und das Clinical Skills Lab ausbauen.

Simulator zum Legen eines Venenverweilkatheters sowie zur Blutentnahme an der Hundegliedmaße.
Simulator zum Legen eines Venenverweilkatheters sowie zur Blutentnahme an der Hundegliedmaße.
© Martin Bühler

Der Andrang auf die Ausschreibung „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken“ der Stiftung Innovation in der Hochschullehre war groß: Insgesamt gingen 264 Anträge ein, 139 wurden bewilligt. Die TiHo erhielt zwei Zuschläge: für das Einzelprojekt FERVET und als Partnerin für den Verbundantrag SOUVER@N, an dem acht niedersächsische Universitäten und der ELAN e.V. beteiligt sind. Bund und Länder gründeten die Stiftung für Innovationen in der Hochschullehre 2019, um dauerhaft die Qualität und Innovationen, den Austausch, die Vernetzung und den Transfer in Studium und Lehre zu fördern.

Für das Projekt „Digitale Vermittlung und Überprüfung von klinisch-praktischen Fertigkeiten in der Tiermedizin unter Tierschutzaspekten (FERVET)“ erhält das Team um Dr. Elisabeth Schaper und Dr. Sandra Wissing des Zentrums für E-Learning, Didaktik und Ausbildungsforschung (ZELDA) unter der Leitung von Professorin Dr. Andrea Tipold, Vizepräsidentin für Lehre, etwa eine Million Euro. „FERVET hat drei große Ziele: Die digitale Leistungskontrolle sowie die Videoproduktion voranzubringen und das Clinical Skills Lab zu erweitern“, sagt Tipold. Im 2012 gegründeten Clinical Skills Lab (CSL) können Tiermedizinstudierende ihre sogenannten Ersttagskompetenzen, die sie für den Start ins Berufsleben benötigen, erlernen. Das CSL der TiHo ist mit etwa 60 Lernstationen ausgestattet, an denen Studierende an mehr als 30 Simulatoren und Modellen gängige tierärztliche Handgriffe üben und verfestigen können. Darüber hinaus können sie in verschiedenen Lehrveranstaltungen kommunikative Kompetenzen erlernen beziehungsweise verbessern.

Neue Formen der elektronischen Prüfungen
Die meisten schriftlichen Prüfungen für das Staatsexamen an der TiHo finden elektronisch statt. Im FERVET-Projekt wollen die ZELDA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter am Beispiel von Abtestaten prüfen, ob sich Online-Open-Book-Prüfungen, als Form für Staatsexamensprüfungen eignen. Bei solchen Prüfungen dürfen die Studierenden Hilfsmittel nutzen und beantworten online, auch von außerhalb der TiHo, die Aufgaben. Das ZELDA-Team um Dr. Elisabeth Schaper wird die durchgeführten Prüfungen evaluieren und sie gegebenenfalls weiterentwickeln.

Auch für das Praktische Jahr in der Abteilung Reptilien der Klinik für Heimtiere, Reptilien und Vögel gibt es Neuerungen: Hier werden die Prüfenden fortan das bereits etablierte Prüfungsformat eOSCE (Electronic Objective Structured Clinical Examination) verwenden. Bei dieser Prüfungsform durchlaufen die Studierenden im CSL einzelne Stationen während die Prüfenden parallel dazu die Ausführung der jeweiligen klinischen Fertigkeit anhand einer elektronischen Checkliste bewerten. Hierfür ist geplant, mit einem 3D-Drucker Reptilienmodelle zu erstellen.

Ausbau des Clinical Skills Lab
Im Zuge des FERVET-Projekts möchten Dr. Sandra Wissing, Leiterin des CSL, und ihr Team zwei Pferdesimulatoren zur Lahmheitsdiagnostik und Gelenkpunktion entwickeln. Der Clou dieser Simulatoren soll sein, dass sie über akustische oder visuelle Signale anzeigen, ob eine Injektion oder Punktion erfolgreich war und die entsprechende Körperregion des Patienten anästhesiert ist. Diese Vorgehensweise ist Teil der sogenannten Leitungsanästhesie an der distalen Gliedmaße bei Pferden. Die gezielte Betäubung von Nerven der Gliedmaße dient dazu, Schmerzen auszuschalten, um zu überprüfen, ob sich das Gangbild verbessert. So können die Verantwortlichen die organische Ursache einer Lahmheit genau lokalisieren.

Eine weitere Neuerung wird die Entwicklung von zwei Modellen sein, an denen die Studierenden zukünftig das Kastrieren von weiblichen und männlichen Katzen trainieren können, da es aus Tierschutzgründen nicht möglich ist, dass alle Studierenden diese praktische Fähigkeit an lebenden Tieren erlernen können.

Um den Praxisanteil des Tiermedizinstudiums zu erweitern und zu verbessern, ist geplant ein chirurgisches Logbuch einzuführen, in welchem festgelegt ist, welche Übungen die Studierenden absolviert haben müssen, bevor sie zu einer entsprechenden Prüfung antreten dürfen. Es ist vorgesehen, das Logbuch über ein E-Portfolio-Tool zu erstellen: In elektronischen, webbasierten Sammelmappen, können die Studierenden unterschiedliche Dokumente und Dateiformate ablegen. Lehrende oder andere Studierende können in den Dokumenten Anmerkungen ergänzen. Das Tool dient den Studierenden also als Lerntagebuch, mit dem sie ihren Lernfortschritt dokumentieren können. Die geplanten neuen Simulatoren sollen im zukünftigen chirurgischen Logbuch enthalten sein.

Videoproduktion stärken
Zusätzlich zu den neuen Simulatoren und Modellen erstellt das ZELDA-Team zu allen Stationen Videos, die den Studierenden über den YouTube-Kanal TiHoVideos zur Verfügung stehen. Die Videos können sie zur Vorbereitung auf die jeweilige Station und im Nachhinein zur gedanklichen Auffrischung nutzen. Weitere Vorteile der Videos sind, dass sie auch Tierärztinnen und Tierärzten als Weiterbildungsmöglichkeit dienen können und Studierenden anderer Universitäten zur Verfügung stehen. Darüber hinaus möchte die E-Learning-Beratung Lehrende unterstützen, lehrveranstaltungsbegleitendes Videomaterial zu erstellen. Zudem wollen sie interaktive, videobasierte Übungen, sogenannte Videoannotationen, als digitales Tool etablieren.

Virtuelles Lernlabor
Um Krankheitsprozesse zu verstehen, sind vorklinisches und klinisches Wissen gleichermaßen erforderlich. Bisher stehen im CSL aber nur Simulatoren oder Modelle zur Verfügung, die klinische Themengebiete aufgreifen. In Zukunft sollen Studierende in einem virtuellen Lernlabor ihr Wissen auf beiden Gebieten verbinden können und ein fächerübergreifendes Verständnis erlangen. Hierfür möchte das CSL-Team das digitale Lehrangebot für Tiermedizinstudierende um 3D-Modelle erweitern. Die Studierenden könnten sich digital anatomische 3D-Modelle ansehen, die sie animieren und dadurch in physiologische Bewegungen versetzen können. Die Modelle werden mit histologischen Detailbildern und bildgebender Diagnostik von Patienten der TiHo-Kliniken kombiniert. Studierende aller Semester dürfen das virtuelle Lernlabor nutzen, um ihr Wissen zu vertiefen, es mit Quizzen und Fallbeispielen zu überprüfen sowie sich auf Prüfungen vorzubereiten.

Um mit den neuen und abgeänderten Lehr- und Prüfungsangeboten eine bestmögliche Lehre an der TiHo zu ermöglichen, wird es projektbegleitend Evaluationen geben. Tipold erklärt dazu: „Die E-Learning-Beratung der TiHo evaluiert mit dem Feedback der Dozierenden und Studierenden sämtliche neuen Angebote, um sie anschließend zu verbessern und anzupassen.“

Gemeinsam die digitale Lehre voranbringen
Im Verbundprojekt „SOUVER@N – Souver@nes Digitales Lehren und Lernen in Niedersachsen“ entwickeln die Beteiligten professionelle und hochwertige digitale Lehr- und Lernkonzepte, die eine kompetente und lernzielorientierte Lehre ermöglichen. Dazu bündeln die Universitäten ihre Kompetenzen und Ressourcen. Am Projekt sind neben der TiHo, die Universität Osnabrück, die Technische Universität Clausthal, die Stiftung Universität Hildesheim, die Leuphana Universität Lüneburg, die Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, die Universität Vechta, die Medizinischen Hochschule Hannover und der ELAN e.V. beteiligt. Die TiHo erhält von einer Gesamtfördersumme von etwa fünf Millionen Euro rund 380.000 Euro. Die Projektleitung an der TiHo, liegt bei Dr. Elisabeth Schaper: „An der TiHo ist geplant, neue Tools, wie das E-Portfolio-Tool Mahara für ein chirurgisches Logbuch, einzuführen. Zudem möchten wir eine effektivere Unterstützung bieten, die digitale Lehre umzusetzen. Hier greifen wir auf unsere Erfahrungen und auf das Wissen unserer Projektpartner zurück“, so Schaper. Um anderen Lehrenden zu helfen, stellen die Projektbeteiligten Best-Practice-Beispiele digitaler Lehrangebote, zum Beispiel über das Open Educational Resources-(OER)-Portal, zur Verfügung.