Alternativen zu Tierversuchen

Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur fördert einen neuen Forschungsverbund: „R2N – Replace und Reduce aus Niedersachsen – Ersatz und Ergänzungsmethoden für eine zukunftsweisende biomedizinische Forschung“.

Foto: Sven Hoppe, Fotolia.com
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Über vier Jahre stehen dem niedersächsischen Forschungsverbund 4,5 Millionen Euro zur Verfügung, um neue Methoden zu etablieren, die helfen, Tierversuche zu vermeiden und zu verringern. „Unser Ziel ist es, Tierversuche in der Forschung zu reduzieren und sie nur noch als Ultima Ratio einzusetzen. Mit dem Verbund fördern wir Ersatz- und Ergänzungsmethoden. Zugleich geben wir der gesellschaftlichen Verantwortung der Wissenschaft und ethischen Fragen mehr Gewicht“, sagte Gabriele Heinen-Kljajić, Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur.

Der Verbund wird von der Medizinischen Hochschule Hannover, der TiHo, der Universitätsmedizin Göttingen und der Leibniz Universität Hannover getragen. Weitere Beteiligte sind das TWINCORE - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung -, das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und experimentelle Medizin sowie das Deutsche Primatenzentrum.

Professor Dr. Wolfgang Baumgärtner aus dem Institut für Pathologie koordiniert die Projekte der TiHo in dem Forschungsverbund. Die TiHo wird eine Gewebe- und Zellbank aufbauen. Dafür werden die Forscherinnen und Forscher Proben sammeln und konservieren, die Zellen und Gewebeanteile aus dem Atmungsapparat enthalten. So stehen sie jederzeit für Forschungsprojekte bereit, die dazu dienen Alternativen für Tierversuche zu entwickeln. Am Institut für Pathologie werden die Vorgaben entwickelt, wie die Proben gewonnen, konserviert und verwendet werden sollen.

Ob sich Zellkulturen, die aus den Proben in der Gewebs- und Zellbank hergestellt werden, eignen, um an den Eigenschaften neuer Viruserkrankungen des Atmungsapparates von Mensch und Tier näher zu forschen, untersucht ein Team um Professor Albert Osterhaus, PhD. Einen ähnlichen Ansatz hat das Forschungsprojekt von Professorin Dr. Maren von Köckritz-Blickwede – statt Viruserkrankungen untersucht sie jedoch bakterielle Infektionen. Zeigen die Methoden Erfolg, könnten auch Erkrankungen wie Asthma näher untersucht, oder der Einfluss von Medikamenten und Immunmodulatoren in Zellkulturen überprüft werden.

In einem weiteren Projekt werden Professor Dr. Gerhard Breves aus dem Physiologischen Institut und Professor Dr. Pablo Steinberg aus dem Institut für Lebensmitteltoxikologie ein Modell entwickeln, um den Verlauf von Darmerkrankungen zu erforschen, die zwischen Mensch und Tier übertragbar sind. Im Fokus stehen dabei Erreger, die durch Nutztiere übertragen werden. Die Wissenschaftler kombinieren für ihr Darmmodell zwei etablierte Methoden mit Dickdarmgewebe aus Schlachttieren und überprüfen im Anschluss dessen Funktion.

Die Forscherinnen und Forscher des Verbundes R2N haben vier Jahre die Möglichkeit, Ersatz- und Ergänzungsmethoden für Tierversuche zu entwickeln und damit Tierversuche zu vermeiden bzw. die Zahl der Tiere in Versuchen auf das unerlässliche Maß zu beschränken. Dabei werden Methoden erforscht, die Versuche am lebenden Tier durch Untersuchungen an Organen ex vivo und durch Forschung an Zellkulturen ersetzen. Ebenso werden Methoden berücksichtigt, die den Einsatz von Tieren für bestimmte Fragestellungen nicht vollständig ersetzen, aber die Tierzahl für diese Fragestellung deutlich reduzieren können.

Verschiedene Teilprojekte entwickeln Alternativmethoden in der Grundlagenforschung und translationaler Forschung. Dabei werden auch ethische Fragestellungen bearbeitet. Darüber hinaus wird der Austausch zwischen den Wissenschaftler gefördert und der Aufbau eines Netzwerkes für Alternativmethoden ermöglicht.