Dr. Helena Feindt-Herr aus dem Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover ist derzeit an Bord des Forschungsschiffs Polarstern für eine zweimonatige Expedition in der Antarktis unterwegs. Im Rahmen eines von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) geförderten Projekts, unter der Leitung von Professorin Dr. Ursula Siebert, will sie mit einem dreiköpfigen Team vom Helikopter aus Daten zu Vorkommen und Verteilung von Walen in der Antarktis erheben. Besonders interessiert das Team die Verteilung Antarktischer Zwergwale, die die Japaner bis heute im Rahmen des wissenschaftlichen Walfangs bejagen. Gibt es verlässliche Daten über die Populationen, können sie besser geschützt werden. Außerdem möchten die Wissenschaftler mehr über das Zusammenspiel von Meereis und Zwergwalvorkommen erfahren. Am 14. Februar hat Dr. Feindt-Herr in der Sendung nano auf 3sat über ihre Arbeit berichtet.
Das Schiff ist am 22. Januar in Punta Arenas in Chile gestartet und wird voraussichtlich am 18. März dorthin zurückkehren. Die Expedition war zunächst im westlichen Weddellmeer, auf der Ostseite der antarktischen Halbinsel unterwegs. Wegen der schwierigen Eisbedingungen entschieden Kapitän und Fahrtleiter Professor Dr. Julian Gutt vom Alfred-Wegener-Institut gemeinsam dieses Gebiet am 22. Februar zu verlassen: Das Eis schränkte die Arbeiten anderer Projekte zu sehr ein. Derzeit wird die Expedition auf der Westseite der Antarktischen Halbinsel in der Bransfield Strait fortgesetzt. An Bord befinden sich verschiedene Wissenschaftlerteams mit unterschiedlichen Forschungsprojekten. Sie untersuchen unter anderem benthische Organismen und ihre Ökologie, das Krillvorkommens in antarktischen Gewässern und erheben ozeanographische Daten.
Das ITAW-Team führt bereits zum fünften Mal von der Polarstern aus einen visuellen Helikoptersurvey zur Erhebung von Daten zum Walvorkommen durch. Dazu unternehmen sie, soweit die Wetterlage es erlaubt, mit den bordeigenen Helikoptern so oft wie möglich Zählflüge in die weitere Umgebung des Schiffes. Alle Sichtungen von Walen werden positionsgenau und zusammen mit relevanten Umweltparametern, wie dem Grad der Eisbedeckung, festgehalten. Diese Daten sollen zusammen mit den Daten vorheriger Reisen zur Bestimmung der Verteilung und Dichte von Walen in der Antarktis beitragen; Informationen, die zum Schutz der Tiere von großer Bedeutung sind. Insgesamt ist nur wenig über die Verteilung von Walen in der Antarktis, und besonders im Packeis, bekannt, da nur sehr wenige Schiffe so tief wie die Polarstern ins Eis vordringen können. Extreme Wetterlagen mit andauerndem Nebel, tiefhängenden Wolken und teilweise starkem Seegang haben die Erhebungen auf dieser Reise sehr erschwert und einen Helikoptereisatz häufig unmöglich gemacht. Trotzdem hat das Team um Dr. Helena Feindt-Herr bislang 34 Flüge durchführen können und dabei in in mehr als 70 Sichtungen 338 Wale erfasst; darunter Buckelwale, Finnwale, Schwertwale; Blauwal, Südliche Entenwale und Stundenglasdelfine sowie auch 32 Antarktische Zwergwale, auf denen der Hauptfokus der Erfassungen liegt.
Die Polarstern ist gegenwärtig eines der leistungsfähigsten Polarforschungsschiff der Welt. Sie kann bei Außentemperaturen bis zu minus 50 Grad Celsius arbeiten und gegebenenfalls im Eis der polaren Meere überwintern. Sie kann bis zu anderthalb Meter dickes Eis mit einer Geschwindigkeit von etwa fünf Knoten durchfahren, dickeres Eis muss durch Rammen gebrochen werden. Der doppelwandige Forschungseisbrecher wird vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung betrieben und hat seit 1982 über fünfzig Expeditionen in Arktis und Antarktis durchgeführt. Auf dem Schiff ist Platz für eine 44 Männer und Frauen starke Besatzung und maximal 53 Wissenschaftler und Techniker. Bei der jetzigen Reise handelt es sich um den dritten Fahrtabschnitt der 29. Antarktisexpedition des Schiffes.
In der Mediathek des ZDF gibt es noch mehr Beiträge zur Expedition der Polarstern.