Durchführung von Nahrungsanalysen von Fischottern (Lutra lutra) aus Niedersachsen

Überfahrener Fischotter am Straßenrand
Projektleitung: Prof. Prof. h. c. Dr. Ursula Siebert
Ansprechpartner: Simon Rohner
Laufzeit: August 2021 bis November 2021
Förderung: Bundesamt für Gewässerkunde, Koblenz

Projektbeschreibung

 Eurasische Fischotter (Lutra lutra L. 1758) gelten als Spitzenprädatoren im Ökosystem Süßwasser. Sie sind daher hervorragend geeignet, die Bioakkumulation persistenter Umweltschadstoffe über die aquatische Nahrungskette nachzuweisen. Die Analyse der Nahrungszusammensetzung von Spitzenprädatoren kann dabei helfen, die Eintragspfade solcher Schadstoffe in die aquatische Umwelt aufzuklären. Fischotter ernähren sich hauptsächlich von Fisch. Generell gilt die Art jedoch als opportunistisch, was die Beutewahl angeht, sodass auch Amphibien, Krebstiere, kleinere Vögel und Säugetiere sowie Insekten und Weichtiere zum Beutespektrum zählen können. Der Anteil der verschiedenen Beuteklassen an der Nahrung unterliegt jedoch Schwankungen (z.B. räumlich, saisonal, altersbedingt). Als semi-aquatisch lebende Spezies und gute Schwimmer können Otter sowohl hervorragend im Wasser, als auch in den flachen Uferbereichen und am Ufer selbst nach Beute jagen. Neben Fließgewässern und Seen besiedeln sie aber auch Moore, Sümpfe oder Küstenbereiche und nutzen marines Habitat zur Nahrungssuche (Carss, 1995; Kruuk, 2006; Weinberger et al., 2018).

Um die Nahrungsökologie von Fischottern zu untersuchen, bieten sich die Hartbestandteilsanalyse und das Metabarcoding als mögliche Techniken an (Berry et al., 2017; Brassea-Pérez et al., 2019). Mittels Hartbestandteilsanalyse (Knochen, Gräten etc.) lassen sich Rückschlüsse auf die Größe der gefressenen (Fisch-)Arten, sowie auf die gefressene (Fisch-)Biomasse ziehen. Das Metabarcoding eignet sich insbesondere zur Identifizierung von Arten, von denen nur Weichgewebe konsumiert wurde und ist somit vor allem zur Identifizierung auf Art-Ebene geeignet. Da sich beide Methoden ergänzen, wurden sie in dieser Studie gemeinsam angewendet. Die untersuchten Magen- und Darmproben stammen von 71 Fischottern aus Niedersachsen (Fundjahre 2005-2020), die bereits zuvor im Rahmen eines vom Umweltbundesamt beauftragten F + E Vorhabens (FKZ 3720 64 409 0) an der Bundesanstalt für Gewässerkunde auf Rückstände aller 8 derzeit in der Europäischen Union zugelassenen antikoagulanten Rodentizid-Wirkstoffe analysiert wurden. Insgesamt 44 der untersuchten Fischotter hatten Mageninhalt, der für die weitere Identifikation im Rahmen der Hartbestandteilsanalyse genutzt werden konnte. Von 43 Fischottern wurden Darminhalte mittels Metabarcoding untersucht.

Die Ergebnisse der Hartbestandteilsanalyse bestätigen Fische als die am häufigsten gefressene Beuteklasse von Fischottern in Niedersachsen. Weiterhin wurden in den Mägen Bestandteile von Amphibien, Pflanzen, Arthropoden, sowie sehr vereinzelt von Vögeln, Säugetieren und Mollusken nachgewiesen. Die Familie der Cyprinidae war die am häufigsten identifizierte Fischfamilie. Dass Fischotter opportunistische Prädatoren sind, die sich je nach Verfügbarkeit in ihrem Verbreitungsgebiet von einer Vielzahl von Fischarten ernähren (Kruuk, 2006; Buglione et al., 2020), wurde durch die Ergebnisse des Metabarcodings bestätigt. Die Studie konnte zeigen, dass die Kombination von Hartbestandteilsanalyse und Metabarcoding geeignet ist, die Nahrungsökologie von Fischottern in Niedersachsen aufzuschlüsseln und zu beschreiben. Während mittels Metabarcoding Fischarten identifiziert werden konnten, die anderweitig übersehen worden wären, konnten durch die Hartbestandteilsanalyse Schätzungen bezüglich der Anzahl der gefressenen Beute erfolgen.

 

Literaturverzeichnis

Berry, T. E.; Osterrieder, S. K.; Murray, D. C.; Coghlan, M. L.; Richardson, A. J.; Grealy, A. K.; Stat, M.; Bejder, L.; Bunce, M., 2017: DNA metabarcoding for diet analysis and biodiversity: A case study using the endangered Australian sea lion (Neophoca cinerea). Ecology and Evolution., 7, 5435–5453.

Brassea-Pérez, E.; Schramm, Y.; Heckel, G.; Chong-Robles, J.; Lago-Lestón, A., 2019: Metabarcoding analysis of the Pacific harbor seal diet in Mexico. Marine Biology., 166, 1–14.

Buglione, M.; Petrelli, S.; Troiano, C.; Notomista, T.; Rivieccio, E.; Fulgione, D., 2020: The diet of otters (Lutra lutra) on the Agri river system, one of the most important presence sites in Italy: A molecular approach. PeerJ., 8, 1–23.

Carss, D. N., 1995: Foraging behaviour and feeding ecology of the otter Lutra lutra: a selective review. Hystrix, the Italian Journal of Mammalogy., 7.

Kruuk, H., 2006: Otters: Ecology, behaviour and conservation. Oxford University Press, Oxford, UK.

Weinberger, I.; Baumgartner, H., 2018: Der Fischotter - Ein heimlicher Jäger kehrt zurück first edit. Haupt Verlag, Bern, Austria.

Kontaktperson

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung
Werftstr. 6
25761 Büsum

Simon Rohner

Phone: +49 (0)511-8568161
e-mail schreiben