Baldauf in der Goldschmiede
Foto: Emma Stil Goldschmiede
  • Examensjahr: 2019
  • Berufliche Tätigkeit: Goldschmiedin, Tierärztin und aktuell Doktorandin am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie im PhD-Programm Systems Neuroscience

 

Sehr geehrte Frau Baldauf,

Sie sind ausgebildete Goldschmiedin und Tierärztin. Auf den ersten Blick sind das zwei sehr unterschiedliche Berufe. Was hat sie daran gereizt, Goldschmiedin zu werden? Und warum haben Sie Ihre berufliche Richtung dann gewechselt und Tiermedizin studiert? Ja, da haben Sie Recht. Jedoch haben beide Berufe mit filigranem Handwerk zu tun. Filigrane Schmuckstücke zu fertigen und zu bearbeiten, reizte mich bereits in jungen Jahren, daher habe ich mich zunächst für eine Ausbildung zur Goldschmiedin entschieden. Jedoch entdeckte ich zur selben Zeit mein Interesse am Beruf der Tierärztin. Das Tiermedizinstudium reizte mich, da es eine Bandbreite unterschiedlichen Wissens inkludiert und nach dessen Abschluss viele verschiedene Wege beschritten werden können, eben auch den der Wissenschaft. Rückblickend bin ich sehr froh über diesen Werdegang. Nicht nur ein gewisser Grad an Reife hat aus meiner Sicht einen Vorteil beim Tiermedizinstudium, ich profitiere während meiner derzeitigen Promotion auch von den während meiner Ausbildung erlernten Fähigkeiten, wie handwerklichem Geschick und vielen Einblicken in den Arbeitsalltag.

Sie schreiben Ihre Doktorarbeit im Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie. Was ist das Besondere an dieser Fachrichtung? Woran forschen Sie für Ihre Doktorarbeit? Das Fachgebiet der Neurowissenschaften ist unglaublich spannend und abwechslungsreich, zudem hochgradig aktuell und relevant. Insbesondere das der neurodegenerativen Erkrankungen wie die Parkinson-Krankheit, einer häufigen Bewegungsstörung. Der Alterungsprozess der Bevölkerung wird in naher Zukunft wahrscheinlich zu einer Verdoppelung der Zahl der von Parkinson betroffenen Menschen führen und einen enormen Druck auf das Gesundheitssystem ausüben. In dem Projekt meiner Doktorarbeit der AG Richter soll sportliche Betätigung als mögliche Frühtherapie für Parkinson untersucht werden. Unsere Hypothese besagt, dass ein frühes Eingreifen durch sportliche Betätigung, wie beispielsweise Laufen oder Joggen, die Neurodegeneration, die neuronale Dysfunktion und die Anhäufung des Proteins Alpha-Synuclein, das eine wichtige Rolle bei der Erkrankung spielt, reduziert. Außerdem untersuchen wir, ob Sport biochemische Parameter sowie motorische oder kognitive Defizite bei sogenannten Thy1-αSyn-Mäusen, die uns als Tiermodell für die Krankheit dienen, verbessern kann. Aus den Erkenntnissen wollen wir auch neue pharmakologische Zielstrukturen ableiten.

Baldauf im Labor
Foto: Ivo Denden

Sie bearbeiten in Ihrer Promotion ein hochaktuelles Forschungsthema. Konnten Sie schon neue Erkenntnisse sammeln, wie sich sportliche Aktivität auf die neurodegenerative Erkrankung Parkinson auswirkt? Wir prognostizieren einen verlangsamenden Effekt auf das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit und somit einen verzögerten Beginn insbesondere schwerer Symptome. Beteiligt sein können hierbei die vermehrte Bildung von Nervenwachstumsfaktoren, sogenannten neurotrophen Faktoren, entzündungshemmende Reaktionen, die Erhöhung des Blutflusses im Gehirn sowie die mögliche Reduktion von Alpha-Synuclein, welches als zentrales Protein zur Parkinson-Erkrankung beiträgt. Die verschiedenen Versuchsgruppen, bestehend aus Kontrolltieren und dem Mausmodell, trainieren wir hierzu mit zwei Schwierigkeitsgraden über einen Monat auf einem sich jedoch ein bestimmtes Trainingsregime positiv auf neurologische Erkrankungen auswirken wird, möchte ich anhand unserer Arbeitshypothese herausfinden. Die Ergebnisse vom Mausmodell auf ein Haussäugetier zu übertragen, wird die anschließende Kunst sein und weitergehende Forschung mit sich bringen. Professor Dr. Volk, Direktor der Klinik für Kleintiere der TiHo und ausgewiesener Neurowissenschaftler ist als weiterer Co-Mentor meiner Arbeit hier der ideale Partner.

Was war ein beeindruckendes Erlebnis in Ihrer bisherigen Forschungslaufbahn? Ich erwarte, dass ein beeindruckendes Erlebnis eine erste Konferenz/Symposium in Präsenz sein wird, Kollegen aus dem gleichen wie auch anderen Forschungsgebieten kennenzulernen, sich auszutauschen und Verbindungen herzustellen. Doch bislang würde ich die Arbeit mit Studierenden als beachtliches Erlebnis bezeichnen und sehr beeindruckend war auch die Visualisierung von Neuronen des zentralen Nervensystems durch Immunhistochemie mittels eines Elektronenmikroskops.

Was würden Sie Absolventeninnen und Absolventen der Tiermedizin raten, die sich für die Forschung interessieren? Ich rate den Absolventinnen und Absolventen, möglichst viele Praktika zu absolvieren und spätestens das Praktische Jahr zu nutzen, um sich in verschieden Bereichen umzusehen. Auch findet die Forschung nicht nur an den Hochschulen und in Deutschland statt. Nutzt die Zeit auch dazu, eine Weile im Ausland zu verbringen, sammelt Erfahrungen und knüpft Netzwerke.

Möchten Sie noch jemanden an der TiHo grüßen? Gern. Ich grüße das gesamte Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie und besonders Professorin Richter Assencio, die mir das Projekt ermöglicht und mich stets unterstützt; meine Co-Supervisoren Professor Altenmüller und Professor Volk; das Institut für Zoologie und besonders Professorin Radespiel, die mein Interesse an der Forschung entfacht hat. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle auch bei der HGNI, der Hannover Graduate School for Veterinary Pathobiology, Neuroinfectiology, and Translational Medicine, und der Gesellschaft der Freunde der TiHo, die mich seit 2020 durch ein Stipendium finanziell unterstützt.

  • Das Interview führte Antje Rendigs